Hochwasserschutz Erding

Die Auswahl der Vorzugsvariante

Hochwasserschutz kann auf verschiedene Art und Weise erreicht werden:

  • Schutz durch Deiche und Mauern
  • Rückhalt in Speichern, Flutpoldern und Rückhaltebecken
  • Umleiten in Flutmulden.

In Erding nutzt man, mit dem Saubach, der am Stadtwehr beschickt wird, seit Jahrzehnten die Möglichkeit des Umleitens: große Teile des Hochwasserabflusses werden um die Stadt herumgeführt. Das Hochwasser 2013 hat aber gezeigt, dass das allein nicht reicht.

Im Rahmen der Vorentwurfsplanung für den Hochwasserschutz Erding wurden vier Varianten vertieft untersucht:

  • 1: Innerstädtische Schutzanlagen, mit Deichen und Mauern (sog. Lineare Variante)
  • 2: Großes Hochwasserrückhaltebecken bei Niederwörth und begrenzten innerstädtischen Schutzanlagen
  • 3: Kleineres Hochwasserrückhaltebecken, kombiniert mit innerstädtischen Schutzanlagen
  • 4: Dezentrale Rückhaltebecken mit innerstädtischen Schutzanlagen

Gründe für Variantenentscheidung

Variante 1 wurde aufgrund folgender Vorteile gegenüber den anderen Varianten als Vorzugsvariante gewählt:

  • wirtschaftlichste Lösung im Sinne aller Steuerzahler
  • geringste Betriebs- und Unterhaltungskosten
  • geringere Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen
  • geringste Inanspruchnahme von Flächen in anderen Gemeindegebieten
  • keine Verlagerung der Nachteile auf Oberlieger (ohne Nutzen)
  • geringere Betroffenheit beim Schutzgut Boden
  • geringster Verlust natürlicher Rückhalteflächen
  • flexiblere Abwicklung der Bauausführung in Bauabschnitten und daher schnellere Realisierung möglich.

Des Weiteren muss die Entscheidung einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Hier wird u.a. der Abwägungsprozess untersucht. Es ist zweifelhaft, dass eine Abwägung der deutlich erhöhten Eingriffe in die Eigentumsrechte privater Dritter bei den Varianten 2 bis 4 gegen die bei nur einem Schutzgut größeren Eingriffe innerorts bei Variante 1 gerechtfertigt erscheint und vor Gericht standhält. Noch dazu, da diese Variante die wirtschaftlichste Lösung darstellt.

Nähere Informationen zu den einzelnen untersuchten Varianten und zum Variantenvergleich:

Variante 1: Innerstädtische Schutzanlagen mit Deichen und Mauern

Die Variante 1 mit den Schutzelementen Deiche, Schutzwände, Objektschutz und Geländemodellierung ist als Vorzugsvariante hier ausführlich beschrieben:

So könnten Schutzmauern beispielsweise aussehen:

Hier sieht man den Blick von der Ardeobrücke (stromaufwärts) mit Blick Richtung Südosten auf das Ostufer der Sempt. Die Mauer erreicht hier eine Höhe von ca. 0,4 m. Dabei kann die Mauer bei geringen Höhen auch noch so gestaltet werden, dass sie sich durch Geländemodellierungen besser in das Landschaftsbild einpasst. Bild vergrössern Hier sieht man den Blick von der Ardeobrücke (stromaufwärts) mit Blick Richtung Südosten auf das Ostufer der Sempt. Die Mauer erreicht hier eine Höhe von ca. 0,4 m. Dabei kann die Mauer bei geringen Höhen auch noch so gestaltet werden, dass sie sich durch Geländemodellierungen besser in das Landschaftsbild einpasst.

Hier sieht man eine Ansicht von der Landgerichtsstraße aus. Die Mauern erreichen hier ab bestehendem Gelände eine maximale Höhe von 1,45 m. Höhere Mauern sind im gesamten Projektgebiet nicht vorgesehen. Bei der Gestaltung gibt es durchaus Möglichkeiten, z.B. durch Sichtfenster oder mobile Elemente die Schutzwand bis zu einer gewissen Höhe noch besser in das Stadtbild einzufügen und die Zugänglichkeit zur Sempt zu erhalten. Das ist ein wichtiger Baustein der weiteren Planungen Bild vergrössern Hier sieht man eine Ansicht von der Landgerichtsstraße aus. Die Mauern erreichen hier ab bestehendem Gelände eine maximale Höhe von 1,45 m. Höhere Mauern sind im gesamten Projektgebiet nicht vorgesehen. Bei der Gestaltung gibt es durchaus Möglichkeiten, z.B. durch Sichtfenster oder mobile Elemente die Schutzwand bis zu einer gewissen Höhe noch besser in das Stadtbild einzufügen und die Zugänglichkeit zur Sempt zu erhalten. Das ist ein wichtiger Baustein der weiteren Planungen

Variante 2: Großes Hochwasserrückhaltebecken mit Maßnahmen in Erding

Übersicht Variante 2 Bild vergrössern Übersicht Variante 2

  • Download: Übersicht Variante 2- PDF
  • Mit dem großen Rückhaltebecken bei Niederwörth, ließe sich der Hochwasserabfluss von 90 m³/s auf 55 m³/s deutlich drosseln. Das erzielbare Rückhaltevolumen beträgt 1,9 Millionen m³.

    Dennoch wären auch hier Schutzmaßnahmen in Altenerding, unterhalb des Stadtwehres und in Langengeisling notwendig. Der Staudamm hätte eine Länge von 1380 m und eine Höhe von bis zu 5,1 m. Die Kote der Dammkrone läge bei 480,55 müNN. Dies entspricht etwa der Höhenlage der Pretzener Straße in Niederwörth. Weil durch den Aufstau ein Anstieg des Grundwassers im Bereich des Beckens ausgelöst würde, hätten Brunnen zur Absenkung gebohrt werden müssen. Dadurch hätten Schäden an Anliegergebäuden vermieden werden können.

    Das hätte bedeutet, dass beim Weiler Maier am westlichen Ende des Damms vier Brunnen, am Südrand von Niederwörth vier Brunnen und westlich von Berg drei Brunnen hätten gebohrt werden müssen, um den Grundwasserandrang zu beherrschen. Das Abwasserpumpwerk nordwestlich von Wörth läge im Einstaubereich des Beckens und müsste durch eine Schutzwand gesichert werden. Für das Regenüberlaufbecken wäre ein Pumpwerk mit einer Förderleistung von 1,8 m³/s notwendig, um es betriebssicher zu halten.

    Kosten für die Variante 2 (inkl. MWSt):

    • Baukosten: 18,31 Mio. €
    • Unterhalt und Betrieb: 4,38 Mio. €
    • Gesamtkosten: 22,69 Mio. €

    Hinzu kämen im Fall eines Einstaus Entschädigungszahlungen für die Ernteausfälle der betroffenen Landwirte und, nicht auszuschließen, Kosten für den Abtransport von schadstoffbelastetem Sediment.

    Variante 3: Kombinationslösung kleineres Rückhaltebecken und linearer Schutz in Erding

    Übersicht Variante 3 Bild vergrössern Übersicht Variante 3

  • Download: Übersicht Variante 3- PDF
  • Die Konzeption dieser Variante 3 ist ähnlich wie die der Variante 2. Das Becken würde hier kleiner ausgeführt und den Abfluss von 90 m³/s auf 62,7 m³/s drosseln. Dadurch könnten die baulich aufwändig herzustellenden Schutzwände unmittelbar südlich der Ardeobrücke entfallen. Dadurch erhofften sich die Planer einen Kostenvorteil, der sich im Endeffekt aber nicht so gravierend auswirkte.


    Das kleinere Rückhaltebecken hätte ein Volumen von 1,0 Millionen m³ und seine planmäßige Dammkronenkote bei 480,02 müNN. Damit wäre das Dammbauwerk bis zu 4,6 m hoch geworden. Im Gelände entspricht das etwa der Höhenkote der Abzweigung von der St 2080 beim Weiler Maier westlich von Niederwörth.


    Für die Beherrschung des Grundwasseranstiegs wären in gleicher Anzahl ähnliche Brunnen wie bei Variante 2 notwendig. Das Abwasserpumpwerk nordwestlich von Wörth läge nicht im Einstaubereich, allerdings wäre auch bei Variante 3 ein Pumpwerk für den Regenüberlauf notwendig.

    Kosten für die Variante 3 (inkl. MWSt):

    • Baukosten: 17,67 Mio. €
    • Unterhalt und Betrieb: 4,21 Mio. €
    • Gesamtkosten: 21,88 Mio. €

    Hinzu kämen im Fall eines Einstaus Entschädigungszahlungen für die Ernteausfälle der betroffenen Landwirte und, nicht auszuschließen, Kosten für den Abtransport von schadstoffbelastetem Sediment.

    Variante 4: Dezentrale Rückhaltebecken mit innerstädtischen Schutzanlagen

    Die Variante 4 wird hier ausführlich beschrieben:

    Mit Baukosten von 32,65 Mio. € und Unterhalts- und Betriebskosten von 6,15 Mio. € ist die Variante mit den dezentralen Rückhaltebecken deutlich teurer als die drei anderen Varianten.
    In Anbetracht der hohen Kosten und der eindeutigen Nachteile, die die Variante 4 mit sich bringt, wie u.a.

    • großer Flächenverbrauch von mehr als zehnmal höherem, notwendigen Flächenerwerb als für Variante 1,
    • mehr betroffene Grundstücksbesitzer und somit Eingriffe in private Eigentumsrechte,
    • hoher Betriebs- und Unterhaltsaufwand,
    • größere naturschutzfachliche Eingriffe aufgrund des hohen Flächenverbrauchs in naturschutzrechtlich hochwertigen Gebieten (Landschaftsschutzgebiete, Biotope, Moore; rein quantitative, naturschutzfachliche Einschätzung),

    wurde beschlossen diese Variante vor der weiteren Wertung bereits nach der Kostenermitt-lung auszuschließen. Da sie als wirtschaftlich nicht vertretbar und rechtlich nicht umsetzbar eingestuft wurde.
    Dennoch ist die Erhebung der möglichen Standorte für die kleinen Becken nicht umsonst gewesen. Die Anliegergemeinden in den Oberläufen von Sempt und Schwillach können die gewonnenen Erkenntnisse ggf. für ihre eigenen, ortsbezogenen Hochwasserschutz-Maßnahmen nutzen.

    Variantenvergleich

    In den Variantenvergleich flossen neben den Kostenparametern auch weitere, für das spätere Planfeststellungsverfahren entscheidungserhebliche Aspekte in die Wertung mit ein. Für alle Varianten musste nachgewiesen werden, dass:

    • sie den Hochwasserschutz für bebaute Bereiche im Stadtgebiet von Erding sicherstellen,
    • negative Auswirkungen auf die Grundwasserverhältnisse in bebauten Bereichen ausgleichbar sind
    • es keine relevante Verschärfung der Hochwassersituation für die Unterlieger, insbesondere Eitting gibt.

    Die Verteilung der Gewichtung der Kriterien ist zwischen dem WWA und den beteiligten Planungsbüros (Technische Planung und Umweltverträglichkeitsstudie) abgestimmt. Es wurden bei der Gewichtung der Kriterien die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie berücksich-tigt. Dabei wurden die Bewertungen der Auswirkungen auf die Schutzgüter in der Matrix so abgebildet, dass die Auswirkungen auf die Schutzgüter bei der jeweiligen Variante durch die Punktezahl korrekt abgebildet werden. Die verhältnismäßige Gewichtung der Unterpunkte, die mit dem Zusatz („aus UVS“) gekennzeichnet sind, entspricht genau der Bewertung aus der Umweltverträglichkeitsstudie. Hier besteht kaum Spielraum, eine Änderung der Gewichtung vorzunehmen, da die Matrix dann nicht mehr die Ergebnisse der UVS korrekt abbildet.

    Als Wertungskriterien flossen ein:

    Kriteriengruppe Maßnahmen (Wirtschaftlichkeit, Technik) - Gewicht 60 %

    Kriterium Bewertungsparameter mit Einheit Gewichtung
    Baukosten Baukosten gem. Kostenschätzung 20,00%
    Betriebs- und Unterhaltskosten Kosten (Mio. €) kapitalisiert auf 100 Jahre 20,00%
    Grunderwerb landwirtschaftliche Flächen für Baumaßnahmen Fläche (m²) 6,00%
    Grunderwerb innerörtliche Flächen für Baumaßnahmen Fläche (m²) 6,00%
    Risiko für Ausfall technischer Bauwerke Anzahl der technischen Bauwerke, die ausfallen können (Stück) 6,00%
    Brückenbauwerke, Freiborde un-terschritten oder eingestaut Anzahl der Brücke, bei denen der Freibord nicht eingehalten ist (Stück) 2,00%

    Laut Vorgaben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz sind die Kosten einer Maßnahme gemäß dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ausreichend bei der Variantenabwägung zu berücksichtigen. Daher wurden hier die Bau- und Betriebskosten mit insgesamt 40% gewichtet. Die restlichen Kriterien aus der Gruppe „Maßnahmen“ haben indirekte Auswirkungen oder Einfluss auf die Maßnahme bzw. die Kosten und spiegeln die übrigen 20% der Kriteriengruppe wieder.

    Kriteriengruppe Ökologie - Gewicht 20 %

    Artenschutz

    Kriterium Bewertungsparameter mit Einheit Gewichtung
    Verlust von Lebensräumen (aus UVS) Verlust von Lebensräumen (m²) 3,00%
    Beeinträchtigung gefährdeter Arten (aus UVS) Anzahl Biotopbäume und Revierzentren (aus UVS) +
    betroffene potenzielle Teillebensräume [m] (aus UVS)
    2,50%
    Auswirkung auf Biotopverbund (aus UVS) Überbauung, Beseitigung von Teillebensräumen [m] (aus UVS) 2,50%

    Schutzgut Boden

    Kriterium Bewertungsparameter mit Einheit Gewichtung
    Flächenverbrauch durch HWS-Maßnahmen (aus UVS) Flächenverbrauch durch HWS-Maßnahmen 2,00%
    Auswirkung auf Böden mit Rückhaltevermögen (aus UVS) Auswirkung auf Böden mit Rückhaltevermögen (mittel und hoch) 2,00%
    Auswirkung auf Böden besonderes Standortpotenzial (aus UVS) Auswirkung auf Böden mit besonderem Standortpotenzial 2,00%
    Schutzgut Wasser (aus UVS) Überschwemmungsgebiete und Auenfunktionsräume:
    Beeinträchtigung durch Talquerungen (m) +
    Beeinträchtigung durch nicht mehr überschwemmte Auwaldfläche (m²) +
    Beeinträchtigung Gewässer durch Überbauung, Mauern (m)
    6,00%

    Kriteriengruppe Mensch, Sach- und Kulturgüter, Landwirtschaft und Infrastruktur - Gewicht 20%

    Kriterium Bewertungsparameter mit Einheit Gewichtung
    Betroffene Grundstückseigentümer (Anzahl nach Fl.Nr.) Anzahl betroffener Flurstücke (Stück) 2,00%
    Auswirkungen auf Bodendenkmäler (aus UVS) Minderung des Erlebniswertes [Stück] (aus UVS) +
    Auswirkung auf Bodendenkmal [m] (aus UVS)
    2,00%
    Störung Landschaftsbild (aus UVS) Auswirkungen auf Landschaftsräume (mittlere und hohe Landschaftsbildqualität) [lfm] +
    Landschaftsräume hohe und mittlere Qualität [lfm] aus UVS +
    Stör- und Fernwirkungen durch Dammschüttungen [lfm] aus UVS + Durchschneiden von Sichtkulissen [lfm]
    6,00%
    Auswirkung auf Wohnumfeld (aus UVS) Beeinträchtigte Bereiche [lfm] 4,00%
    Auswirkung auf Erholungsnutzung (aus UVS) Beeinträchtigte Bereiche [lfm] 2,00%
    Auswirkungen auf Verkehr während der Bauzeit Einschränkung von Straßen in Längs-richtung (m) +
    Anzahl der Sperrungen von Straßen und Brücken (Stück)
    1,00%
    Zusätzlich von Überflutung be-troffene landwirtschaftliche Flächen Fläche (m²) 3,00%

    Die Kriterien wurden erhoben, normiert, d.h. auf den Mittelwert bezogen, um nicht durch die absoluten Zahlenwerte eine unverhältnismäßige Wertpunktespreizung zu erhalten und schließlich einem Vergleich zugeführt.

    Ergebnis der Wertung:

    • Variante 1: 132,9 Wertungspunkte
    • Variante 2: 128,8 Wertungspunkte
    • Variante 3: 116,0 Wertungspunkte

    Unter Berücksichtigung aller Aspekte war so Variante 1 als Vorzugsvariante auszuwählen.

    Nähere Informationen zur Wertung:

  • Zusammenfassung der Wertung der verschiedenen Varianten- PDF
  • Es wurde eine Sensitivitätsanalyse der Variantenmatrix durchgeführt und die Gewichtung der Kriterien innerhalb realistischer Ansätze angepasst. Es ist zu beachten, dass hierbei keine verhältnismäßige Anpassung innerhalb der Kriteriumsgruppen möglich ist, da sonst das Ergebnis der UVS durch die Matrix nicht korrekt abgebildet wird. Dabei wurden folgende Gewichtungsanpassungen durchgespielt:

    Gewichtungsanpassungen:

    Kriteriengruppe durch WWA festgelegte Gewichtung Anpassung 1 Anpassung 2
    Maßnahmen 60 50 40
    Ökologie 20 25 30
    Mensch, Sach- und Kulturgüter, Landwirtschaft und Infrastruktur 20 25 30

    Im Ergebnis blieb bei diesen Gewichtungsveränderungen die Variante 1 immer noch die Vorzugsvariante.