Die gewählte Variante ist nicht nur aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen die insgesamt beste Lösung. Wie aus der Variantenmatrix ersichtlich ist, wurden eine Vielzahl weiterer Kriterien untersucht und für jede Variante gegeneinander abgewogen.
Das WWA sieht nach der vorhandenen Datenlage keine Möglichkeiten eine andere Variante als die nun Vorliegende zu bauen. Die der Bemessung zugrundeliegende Hochwasserwelle führt bei allen Varianten mit Hochwasserrückhaltung zu großen baulichen Eingriffen und Flächeninanspruchnahmen. Auch müssten bei den Lösungen mit einem Rückhaltebecken bei Niederwörth die Auswirkungen auf das Grundwasser technisch bewältigt werden.
Im Zuge der Überprüfung der Risikobewertung an Gewässern mit Hochwasserrisiko gemäß §73 WHG wurden die hydrologischen Auswertungen für die Sempt beim Landesamt für Umwelt überarbeitet. Durch diese Fortschreibung der Pegelstatistik (das Hochwasser von 2013 wurde dabei in der Statistik berücksichtigt) wurde eine neue Abflussganglinie mit größerem Volumen, aber kaum erhöhter Hochwasserspitze Grundlage der Planung. Im gleichen Zuge wurde ein neues hydraulisches Modell erstellt, dass mit dieser neuen Welle beschickt wurde. Dies hatte große Auswirkungen auf die Varianten mit Rückhaltung, aber nur geringe Auswirkung auf den linearen Hochwasserschutz.
Daraufhin erfolgte eine komplett neue Bewertung aller bisherigen und zweier zusätzlichen Varianten durch das Ingenieurbüro SKI (siehe auch Präsentation zur Stadtratssitzung am 23.07.2020 - Folie 5 und 6).
Prinzipiell besteht die Möglichkeiten vorhandene Wehre mit entsprechenden Einrichtungen nachzurüsten. Damit könnte durch die vorzeitige Öffnung der Stauanlagen gezielt Raum für die Hochwasserwelle zur Verfügung gestellt werden. Aus folgenden Gründen wird dieser Vorschlag nicht in der Hochwasserschutzplanung berücksichtigt:
Die potentiellen Räume für das Hochwasser sind zu gering, um relevante Auswirkungen auf den Hochwasserverlauf zu nehmen.
Mit diesen Räumen könnten allenfalls für sehr kleine Hochwasserereignisse nennenswerte Auswirkungen erzielt werden.
Die Steuerung wäre mit großen Risiken verbunden.
Die damit verbundenen Aufwendungen stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen.
Im Hochwasserfall sind Stauanlagen primär so zu betreiben, dass sie das Hochwasser schadlos durchleiten können und die Anlagensicherheit auch bei großen Ereignissen gewährleistet ist.
Ein „kleinerer“ Hochwasserschutz ist nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Landesplanerisches Ziel in Bayern ist der Schutz vor einem hundertjährlichen Hochwasser. Damit wird bayernweit ein einheitlicher Schutzgrad gewährleistet. Für Erding bedeutet dies, dass für die Bemessung der Hochwasserschutzanlagen ein höherer Hochwasserabfluss zugrunde gelegt wird, als er beim Hochwasser 2013 abgelaufen ist. Der Klimazuschlag soll gewährleisten, dass die Schutzanlagen auch dann noch ausreichend bemessen sind, wenn sich, bedingt durch die Auswirkungen des Klimawandels, die ablaufenden Wassermengen noch weiter erhöhen. Eine Modellrechnung im Rahmen des Projektes Kliwa (www.kliwa.de) geht davon aus, dass die Abflüsse der hundertjährlichen Hochwasserereignisse in den nächsten Jahrzehnten etwa 15% höher sein werden.
Nein. Auch bei allen anderen Varianten mit Rückhaltung würden in Erding Hochwasserschutzmauern errichtet werden müssen. Das Rückhaltebecken kann nicht das gesamte Hochwasser in seiner Fläche zurückhalten. Auch bei den Rückhaltevarianten wären Rodungen im Stadtbereich notwendig.
Auf folgendem Übersichtslageplan wird ersichtlich, dass der Eingriff innerorts bei den Varianten Rückhaltebecken zwar geringer, aber immer noch notwendig wäre.
Hinweis:
In der öffentlichen Diskussion wird unter anderem mit Bildern als mögliche Alternative zu einem großen Becken auf viele kleine Rückhaltebecken verwiesen. Wenn dabei in der öffentlichen Diskussion Bilder kleiner und relativ einfacher Regenrückhaltebecken gezeigt werden, ist dies irreführend. Hochwasserrückhaltebecken (HWRB) können nicht mit Regenrückhaltebecken (RHB) verglichen werden. Diese dienen in der Regel dazu, Niederschlagwasser aus Baugebieten oder Infrastrukturmaßnahmen zu speichern. Die Anforderungen hinsichtlich der Anlagensicherheit sind viel geringer als bei Hochwasserrückhaltebecken. Hochwasserschutz kann somit nicht mit einer großen Anzahl an Regenrückhaltebecken verwirklicht werden.
Übersichtslageplan zu erforderlichen Schutzmauern und Geländeerhöhungen in Altenerding bei den verschiedenen Varianten
Thema: Technische Gestaltung des innerörtlichen Ausbaus mit Schutzwänden und Deichen
In folgender Abbildung werden die Wandhöhen innerhalb Altenerdings nach der aktuellen Vorentwurfsplanung dargestellt. Dabei wurden die einzelnen Werte gemittelt, um Bereiche mit bestimmten Höhen einteilen zu können. Es handelt sich um Höhen ab anstehender Geländeoberkante bei der geplanten Trassierung der Schutzwand. Nicht berücksichtigt wurde hierbei, dass die Schutzwände durch Geländemodellierungen noch an das bestehende Gelände angepasst werden können und somit optisch an Höhe verlieren würden. Dies wird mit jedem Grundstücksbesitzer einzeln besprochen oder geregelt.
Bei der Einbringung der Spundwände wird auf eine schonende und an die vorliegenden Gegebenheiten angepasste Verfahrensweise zurückgegriffen. Die Spundwände werden üblicherweise im Vibrationsverfahren eingebracht. Dies bedeutet, dass diese über schonende Vibrationen eingerüttelt werden. Dabei werden die vorhandenen Kenntnisse über den Baugrund berücksichtigt. Die genaue Art der Einbringung der Spundwände ist abhängig von der noch auszuführenden, detaillierten Baugrunderkundung.
Des Weiteren werden wir vor der Baumaßnahme eine Beweissicherung durchführen. Sollte es zu Schäden durch das Einbringen der Spundwände kommen, werden diese ausgeglichen.
Bereits 2015 wurden erste Bohrungen und Rammkernsondierungen in Altenerding durchgeführt. Es liegen teils schwierige Baugrundverhältnisse mit Torf- und Auelehmschichten vor. Aus diesen Ergebnissen lässt sich schließen, dass ein Großteil der Hochwasserschutzwand auf eine Spundwand gegründet werden muss.
In Gesprächen mit der Stadt wurde ins Auge gefasst, die Ardeobrücke erst bei einem Neubau an das notwendige Freibord anzupassen. Bei dieser Entscheidung wurde auch die Wirtschaftlichkeit bei einem Neubau einer noch standsicheren Brücke gegenüber dem möglichen Schaden berücksichtigt. Der Einstau der Brücke mit seinen Auswirkungen wurde in unseren Planungen aber bedacht. In der Planung ist somit berücksichtigt, dass die Betonunterkante der Brücke bei Abfluss des Bemessungshochwassers eintaucht. Dies hat aber nur einen geringen Rückstaueffekt zur Folge. Dieser Effekt wurde in der Planung der Mauerhöhen berücksichtigt. Des Weiteren wird hier das Risiko im Hochwasserfall über organisatorische Maßnahmen, wie z.B. eine Entfernung von anstehendem Gehölz, zusätzlich verringert.
Hingegen war die Situation beim sogenannten Petersbergbrückerl beim Hochwasser 2013 dramatisch. Hier wurde die Brücke voll eingestaut. Der Sog unter der Brücke verursachte Auskolkungen am Brückenwiderlager die nicht hinnehmbar waren. Daher wurde seitens des WWA der Abriss des Steges empfohlen.
Die unterschiedliche Behandlung der beiden Brücken ergibt sich also aus der Gefahrensituation, der jeweiligen baulichen Ausführung und dem baulichen Zustand.
Die unterschiedliche Freibordsituation im gesamten Stadtgebiet wurde in der Variantenmatrix als Kriterium berücksichtigt.
Die Kleingartenanlagen am Saubach haben weiterhin einen hohen Schutzgrad. Die Überflutungen treten hier erst bei sehr großen Hochwasser auf. Nur ein kleiner Teil der Anlage wird, wie bisher, mit einer statistischen Häufigkeit von 100 Jahren überflutet. Hochwasserschutz ist durch das Landesentwicklungsprogramm nur für Siedlungen und wichtige Infrastruktur (überörtliche Verkehrsanlagen, Wasser- und Energieversorgung) vorgesehen.
Nein. Dem Hochwasserschutz mit Rückhaltung (Bau von Hochwasserrückhaltebecken und Poldern) wurde in den letzten 20 Jahren eine große Aufmerksamkeit geschenkt. Jede Planung zum Hochwasserschutz wird auf die unterschiedlichsten Möglichkeiten abgeklopft. Meistens ist diese Varianten jedoch nicht möglich, nicht wirtschaftlich oder eben nicht die insgesamt beste Lösung, zu der wir verpflichtet sind.
Beispiele für konventionellen Hochwasserschutz finden sie z.B. unter:
Die Sempt ist ein Gewässer II. Ordnung, wofür grundsätzlich der Freistaat Bayern, also das Wasserwirtschaftsamt München, unterhaltungsverpflichtet ist. Davon abweichend obliegt die Gewässerunterhaltung den Betreibern von Anlagen (z.B. Wasserkraftwerke), insoweit sie durch die Anlage bedingt ist.
Ein Fluss unterliegt Veränderungen. So sind Auflandungen und Eintiefungen ganz natürliche Prozesse, die so weit wie möglich zugelassen werden sollen. Die Sempt wird durch das Wasserwirtschaftsamt München in unregelmäßigen Abständen, ereignisbezogen vermessen, um Veränderungen der Flusssohle festzustellen. Nur wenn bei den neuesten Sohlaufnahmen erhebliche Kiesauflandungen festzustellen sind, die bei Hochwasser zu Problemen führen könnten, ist durch den Unterhaltspflichtigen eine Räumung des Gewässerbettes angesagt. Weiche Schlammablagerungen werden durch die stark steigenden Fließgeschwindigkeiten bei Hochwasser in der Regel mobil und müssen insofern nicht regelmäßig aus Hochwasserschutzgründen beseitigt werden.
Dies war auch in Erding nach dem Hochwasser 2013 der Fall. Insbesondere an Engstellen war die Sohle des Gewässers im Anschluss schlammfrei.
Die Auflandungen werden von uns derzeit nicht als kritisch eingeschätzt. Gleichwohl könnte aber eine Entlandung in Teilbereichen die Abflusssituation verbessern. Probleme mit Auflandungen gibt es derzeit im Bereich der Städtischen Wasserkraftanlage Reißermühle (Am Altwasser). Das Wasserwirtschaftsamt München ist hierzu bereits auf die Stadt zugegangen, da sich hier Zuständigkeiten überschneiden.
Aus den Vermessungsdaten (Vermessungen der Querprofile der Sempt im Abstand von 200 m) unmittelbar nach dem Hochwasser ist kein dringender Handlungsbedarf erkennbar. Dies wird auch aus den folgenden Querprofilen ersichtlich:
Profil beim ehemaligen Petersbergbrückerl
Profil nach Petersbergbrückerl
Profil vor Ardeobrücke
Profil bei Ardeobrücke
Profil vor Lukasbrücke
Um zwischenzeitliche Verlandungen lokalisieren zu können, werden wie bereits in der Stadtratssitzung vom 23.07.2020 verkündet, noch dieses Jahr Vermessungen durchgeführt. Sollten sich abgesehen von den schon lokalisierten Verlandungen am Altwasser noch weitere maßgebliche Verlandungsbereiche ergeben, werden wir zeitnah die Räumung veranlassen.
Die im Erläuterungsbericht unter Punkt 3.5.5 des Erläuterungsberichts von SKI zu „Geschiebe Erosion und Sedimentation“ gemachten Aussagen sind in der Logik solcher Berichte grundsätzlicher Natur. Mit „grundsätzlich“ ist hier gemeint, dass hier eine Beschreibung des Gewässertypus stattfindet.
Bei der Sempt handelt es sich um ein Gewässer mit verhältnismäßig geringer Geschiebe- und Sedimentationsfracht im Vergleich zu anderen Gewässertypen in Bayern. Gewässer mit viel Geschiebe kommen in der Regel aus dem Alpenbereich (Isar / Amper). Ein Gewässer mit starker Sedimentationsfracht ist im Landkreis Erding z.B. die Strogen mit einem hohen Anteil an Schwebeteilchen und Feinmaterial. Damit wird z.B. geprüft, ob an Absperrbauwerken ein Geschiebefang zu errichten ist, was in der Sempt nicht der Fall wäre.
Durch die Hochwasserschutzmaßnahmen entsteht keine Gefährdung für die unterliegenden Gemeinden. Dies wurde in der Variantenabwägung berücksichtigt. Jede erhebliche Verschlechterung würde seitens des Freistaats ausgeglichen werden müssen. Andernfalls würde die Baumaßnahme keine wasserrechtliche Genehmigung erhalten.
Alle bisherigen Überschwemmungsflächen außerhalb der Bebauung bleiben erhalten.
Hochwasserschutz für Gew. III Ordnung (Projekt der Stadt Erding für den Hochwasserschutz der Bäche in Zuständigkeit der Kommune):
Hier sind die planenden Büros sowie das Amt selbst in ständigem Kontakt, um die Planungen abzustimmen.
Nordumfahrung Erding und S-Bahn-Ringschluss:
Diese Maßnahmen beeinträchtigen oder verändern die Planungen des WWA nicht. Synergieeffekte für unsere Planungen sind nicht erkennbar. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens zu diesen Planungen wird seitens des WWA auf die wasserrechtlichen Belange Dritter geachtet. Wie bei unseren Planungen dürfen die Baumaßnahmen keine Verschlechterungen nach sich ziehen, die nicht ausgeglichen werden können. In einem Genehmigungsverfahren muss das nachgewiesen werden.
Derzeit wird nach Möglichkeiten, gesucht den Hochwasserschutz für Langengeisling in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn und der Stadt Erding mit den Planungen der Nordumfahrung zu optimieren. Ein gänzlicher Verzicht auf den Bau von Hochwasserschutzeinrichtungen ist dabei nicht möglich, jedoch können unter Umständen die Bauwerke insgesamt kleiner ausfallen.
Mit der Wasserrahmenrichtlinie sollen nach EU-Recht die Gewässer in einen ökologisch guten Zustand gebracht werden. Hochwasserschutzmaßnahmen dürfen dieses Ziel nicht gefährden. Hochwasserschutzmaßnahmen dienen dem Zweck des Hochwasserschutzes und können nicht zur Erfüllung der Ziele der WRRL herangezogen werden. Wir streben hier eine parallele Umsetzung beider Zielsetzungen an.
Da viele Maßnahmen aus den vorliegenden Umsetzungskonzepten im Rahmen des Unterhalts ausführbar sind oder nur ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren benötigen, kann eine vom Hochwasserschutz unabhängige Ausführung der Maßnahmen wesentlich zügiger erfolgen.
Bereits 2018 wurde mittels des vorhandenen hydraulischen Modells eine Untersuchung durchgeführt, die eine komplette Renaturierung der Sempt im Oberlauf simuliert. Hierzu wurden entlang der Sempt in einem breiten Korridor die Rauheiten im Vergleich zum Ist-Zustand vergrößert. Dabei wurde festgestellt, dass der Effekt nicht ausreicht, um die Hochwasserspitze signifikant zu verringern.
Hochwasserschutz für einen hundertjährlichen Hochwasserabfluss kann durch Renaturierungen nicht wirksam erzielt werden.
Hydraulische Berechnungen zur Simulation einer renaturierten Sempt und deren Auswirkungen auf die Abflussganglinie
Die Gründung einer Sempt-Allianz parallel zum laufenden Planungsprozess in Sachen Hochwasserschutz wird vom WWA befürwortet. Jedoch sollten für eine solche Allianz keine unrealistischen Ziele formuliert werden.
Aus folgenden Gründen wäre es ungünstig, den dringend benötigten Hochwasserschutz für Erding von weiteren lokalen Vorhaben im Einzugsgebiet der Sempt abhängig zu machen:
Selbst größere Maßnahmen im Einzugsgebiet verringern die erforderlichen Maßnahmen in Erding nur geringfügig (siehe Variante 4). Es würden also weiterhin Maßnahmen in Erding erforderlich werden.
Jede Abhängigkeit des Hochwasserschutzes von weiteren Maßnahmen im Einzugsgebiet verzögert die Fortführung der Maßnahmen erheblich.
Die Steuerung kleiner Becken kann aus wirtschaftlichen Erwägungen nur mechanisch mit einer Drosselwassermenge erfolgen und nicht ereignisbedingt auf mehrere Ziele ausgerichtet werden. Eine optimale Schutzwirkung kann somit in der Regel nur für ein Schutzziel erfolgen. Vereinfacht gesagt dient ein kleineres Becken im Einzugsgebiet entweder dem Hochwasserschutz vor Ort oder dem Hochwasserschutz für die Stadt Erding. Nach unserer Auffassung sollten Maßnahmen im Einzugsgebiet primär den Oberliegergemeinden zugutekommen.